Gar nicht gentlemanlike …

Leserbrief von Hannes Huggel, seit 77 Jahren parteilos, Kleinandelfingen, in der Schaffhauser Nachrichten, Ausgabe vom Mittwoch, 27. September 2023

Die paar wichtigen Parteien des Zürcher Weinlandes, oder besser des Bezirks Andelfingen, haben vor Jahren ein sogenanntes «Gentlemen’s Agreement» getroffen. Dabei wurde vereinbart, dass bei Ersatzwahlen für ein Amt im Bezirk anstelle der zurücktretenden Person eine Persönlichkeit aus der gleichen Partei nachfolgen solle und die anderen Parteien auf Wahlvorschläge freiwillig verzichten. Ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Aber es war eine Abmachung, und an solche Abmachungen hält man sich, an solche halten sich aufrichtige, ehrliche Schweizerinnen und Schweizer.

Es war einmal, heisst es bei einem Märchen. Es war einmal, heisst es auch heute bei gewissen Parteien. Seit dem Frühjahr 2023 ist damit Schluss. SVP und FDP zeigen Machthunger: Die FDP unterstützt die SVP bei den Gemeinderatswahlen in Kleinandelfingen, wodurch eine bestens ausgewiesene parteilose Frau verhindert wird.

Als Gegenleistung unterstützt die SVP einen Kandidaten der FDP bei der Ersatzwahl ans Bezirksgericht Andelfingen. Diesen Sitz hat bisher die SP in ihren Reihen. So wollte es das «Gentlemen’s Agreement» der Parteien. Aber eben: Es war einmal. Die unübersehbare und entsprechend teure Kampagne des machthungrigen FDP/(SVP)-Kandidaten nützte nichts. Weder er noch die für das Amt geradezu prädestinierte Priska Lötscher von der SP erreichten das absolute Mehr.

Der Machthunger der sogenannten bürgerlichen Parteien war vorerst gebremst.

Jetzt kommt es zu einem zweiten Wahlgang mit den gleichen beiden Kandidierenden.

Demjenigen der machtversessenen sogenannten Grossparteien und Priska Lötscher aus den Reihen der SP, die aufgrund des «Gentlemen’s Agreement» eigentlich an der Reihe wäre. Apropos Gentlemen (leider kenne ich keine weibliche Form). Es bedeutet: Nach Art eines Gentleman, hochanständig.

Für mich ist die Sache klar: Auf meinem Stimmzettel steht Priska Lötscher. Nicht weil sie an der Reihe wäre, sondern weil sie die bessere Kandidatin mit der notwendigen Erfahrung ist und nicht aus Machtgier nach einem Posten schielt.